Hallenverbot, Spitzenunterwäsche und Kleingeld
(mak) Er gehört einer immer seltener werdenden Gattung an. Und ist aus diesem Grunde ein Vertreter einer Spezies, die im Verein gehegt und gepflegt wird. Jörg Fuchs ist Schiedsrichter. Und das nicht erst seit wenigen Tagen – Fuchs blickt aktuell auf eine Schiedsrichterkarriere zurück, die andere Menschen, auch in anderen Funktionen, im Handball beileibe nie erreichen werden.
Er muss eine Weile überlegen. „1986 war das“, erinnert sich Jörg Fuchs, „da habe ich an der Pfeife die ersten Spiele bestritten.“ Das war noch im Saarland, wo der damals noch in Neunkirchen lebende Fuchs für den SSV Wellesweiler Spiele leitete. Damals, bei der Premiere, sei es wohl nicht so ganz nach der Zufriedenheit der Spieler verlaufen, erinnert sich Fuchs heute. „Das war für einen Spieler, der mit Rot die Spielfläche verlassen musste, Grund genug, mir nach dem Spiel vor der Halle an den Kragen zu gehen, was aufgrund meines Zusatzberichts für ihn ein Jahr Sperre nach sich zog“, erinnert Fuchs.
Solche Auswüchse musste der heute in der Kreisverwaltung des Rhein-Hunsrück Kreises beschäftigte Fuchs nicht allzu oft erleben. Und abgehalten, den Job als Referee weiter zu machen, hat ihn dieses unangenehme erste Mal auch nicht. Aber Kuriositäten aus der manchmal etwas skurrilen Welt des Handballs kann Fuchs allemal berichten.
„Kurz nach einem Anpfiff ohne Zeitnehmer und Sekretär - was früher sehr häufig der Fall war - lief der zu spät kommende sechste Feldspieler direkt auf die Spielfläche, um seine Heimmannschaft tatkräftig zu unterstützen. Er wurde von mir disqualifiziert, weil er noch nicht im Spielbericht eingetragen war. Im alten Regelwerk war dies eben so Vorgabe. Nach längerem Tumult wurde es dann auch akzeptiert“, erzählt Fuchs: „Die Retourkutsche kam dann nach dem Spiel. Meine Spesen und das Fahrgeld wurden mir in Zehn-Pfennig-Münzen auf die Auswechselbank gestapelt. Ich nahm das Geld so an mich und wies den damaligen Heimverein auf ihr nicht korrektes Verhalten hin und dass dies noch ein Nachspiel haben würde. Der Handballverband Saar brummte dem Verein dann auch eine Strafe auf.“ Was zur Folge hatte, dass die beleidigten Gastgeber Fuchs ein Hallenverbot erteilten.
Lustig sei auch eine Begebenheit in der Frauen Oberliga gewesen. Damals kassierte die Torfrau wegen ständigem Meckern zwei Minuten. „Da sie die einzige Torfrau war, zog sie, noch ziemlich entrüstet über die Bestrafung, ihr Trikot aus, um es einer Feldspielerin zu geben und saß dann im roten Spitzen-BH auf der Bank, die Halle tobte“, schmunzelt Fuchs. Natürlich durfte die Feldspielerin nicht mit dieser Nummer spielen. „Ich bat die Torfrau also, sich wieder anzuziehen,“ so Fuchs. „Nach dem Spiel kam dann ein bereits etwas in die Jahre gekommener Zuschauer zu mir und meinte auf bestem Hunsrücker Platt: 'Datt do hossde doch extra gemacht'“. Eine Zusatzunterhaltung für die Zuschauer anzubieten, das war aber ganz gewiss nicht in seinem Sinne, lacht Fuchs.
Am 12. Februar 2012 absolvierte der aktive Spieler Jörg Fuchs, in der damals noch einzigen Herrenmannschaft des HSV Kirchberg, sein letztes Spiel. Es war zugleich auch das letzte Spiel des HSV, der fortan in einer Spielgemeinschaft mit Gösenroth und Laufersweiler aufging. Seit 1993 hatte er, damals vom Idarer TV kommend, für den HSV gespielt und gepfiffen. Aufhören wollte Fuchs nicht, wechselte stattdessen in die fünfte Mannschaft der HSG Irmenach / Kleinich / Horbruch. Und auch die Schiedsrichterei macht Fuchs heute für die HSG. Zudem ist er im Einsatz als Zeitnehmer oder Sekretär, bis in die dritte Liga sowie die A-Jugend-Bundesliga. „Menschen wie ein Jörg Fuchs sind für das Vereinsleben und die ganze Sportart Handball einfach unersetzlich“, weiß auch HSG-Geschäftsführer Bernd Kirst. „Es wäre schön, wenn sich einige junge Nachwuchsspieler und Nachwuchsschiedsrichter an ihm ein Beispiel nehmen würden.“ Dass die Aufgabe nicht einfach ist, das kann auch Fuchs berichten. Gleichwohl möchte er die Zeit an der Pfeife nicht missen. Und, so wissen es die beiden Macher bei der HSG denn auch aus eigener Erfahrung: „Ohne Schiedsrichter kein Spiel.“
Vormerken: Teil II - "Manchmal droht der Schlaf beim Pfiff: Jörg Fuchs 30 Jahre an der Pfeife" folgt am Neujahrstag!